Asklepios Kliniken
Bild: Plasmaspende
Covid-19. Forschung. Behandlung.

Neue Hoffnung bei der Covid-19-Behandlung

Mitte März erhielt Asklepios-COO Marco Walker die Diagnose Covid-19. Die Erkrankung verlief milde – anders als bei vielen anderen Patienten. Jetzt will das Vorstandsmitglied helfen: Walker spendet Antikörper enthaltendes Blutplasma, das die Genesung Betroffener unterstützen soll.

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Antikörper könnten helfen

Er verzieht keine Miene, als die Nadel millimetertief in seine Haut gestochen wird. Marco Walker, Chief Operating Officer (COO) und Vorstandsmitglied der Asklepios Kliniken, liegt entspannt auf einer blauen, gut gepolsterten Liege des Zentralinstituts für Transfusionsmedizin (ZIT) in Hamburg-Wandsbek und beobachtete interessiert, wie Blut über einen durchsichtigen Schlauch aus seiner Armvene in den sogenannten Zellseparator fließt.

Das cremefarbene Gerät, das mit seinen Spulen und Knöpfen ein wenig an ein futuristisches DJ-Pult erinnert, separiert mithilfe der Zentrifugalkraft Blutplasma. „Die übrigen Blutbestandteile fließen zurück in die Armvene“, erklärt Dr. Melanie Braun, Ärztliche Leiterin des ZIT, „aus diesem Grund gilt die Methode als besonders gut verträglich.“

Es geht darum, Menschenleben zu retten.

Marco Walker Chief Operating Officer (COO) und Vorstandsmitglied der Asklepios Kliniken

Bild: Zellseparator
Covid-19: Nicht jeder Patient kommt glimpflich davon

Walker ist bereits der achte Spender, der sich im ZIT Blutplasma entnehmen lässt. Mitte März war er an Covid-19 erkrankt. „Wir waren im Skiurlaub in Tirol, damals war die dynamische Ausbreitung der Pandemie so noch nicht absehbar“, berichtet der gebürtige Schwabe. Er selbst überstand die Krankheit ohne Komplikationen, hatte lediglich Symptome einer leichten Grippe. Doch längst nicht alle Patienten kommen derart glimpflich davon.

Bei schwereren Verläufen muss Betroffenen in der Regel Sauerstoff zugeführt werden, mitunter ist eine Beatmung auf der Intensivstation eines Krankenhauses erforderlich. Medikamente zur Behandlung gibt es bislang nicht. „Wir wissen noch immer sehr wenig über das Virus SARS-CoV-2“, sagt Melanie Braun, „dementsprechend werden ganz unterschiedliche Therapieansätze bei Covid-19-Erkrankungen verfolgt.“

Wir wissen noch immer sehr wenig über das Virus SARS-CoV-2

Dr. Melanie Braun Ärztliche Leiterin des Zentralinstituts für Transfusionsmedizin (ZIT)

Bild: Marco Walker mit Frau Dr. Melanie Braun
Rekonvaleszentenplasma gibt Anlass zur Hoffnung

Eine davon ist die Anwendung von sogenanntem Rekonvaleszentenplasma. „Dabei handelt es sich um Blutplasma von Personen, die – in diesem Fall – Covid-19 erfolgreich überstanden und entsprechende Antikörper gegen das Virus entwickelt haben“, erklärt Braun. Das Plasma wird anschließend aufbereitet und schwer erkrankten Patienten transfundiert. „Die Therapieform wird auch als passive Immunisierung bezeichnet: Anders als bei einer Impfung, bei der Patienten anschließend selbst Antikörper produzieren, werden die Antikörper in diesem Fall lediglich zugeführt, sodass das Immunsystem bei der Bekämpfung der Erreger unterstützt wird“, so die Ärztliche Leiterin.

Im Hinblick auf Covid-19 ist die Methode noch weitgehend unerforscht, Erfahrungswerte gibt es kaum. „In China wurden einige Personen mit Plasma von genesenen Covid-19-Patienten therapiert und waren nach wenigen Tagen virenfrei. Gesicherte Erkenntnisse zu diesem Verfahren gibt es allerdings nicht, dafür wurden zu wenig Patienten behandelt – und es gab keine Kontrollgruppe“, erklärt Braun, die dennoch Hoffnung schöpft: „Im besten Fall führt die Plasmabehandlung dazu, dass Patienten schneller wieder genesen. Das allein wäre ein großer Fortschritt.“

Bild: Marco Walker, Dr. Melanie Braun
Entwicklung einer Immuntherapie

In den kommenden Wochen sollen die ersten lebensbedrohlich an Covid-19 erkrankten Patienten mithilfe der neuen Immuntherapie bei Asklepios behandelt werden. Dann wird auch das Blutplasma von Marco Walker zum Einsatz kommen – vorausgesetzt, es erfüllt sämtliche, dafür notwendige Kriterien.

Überprüft wird dies intensiv durch die MEDILYS Laborgesellschaft, die zu Beginn auch eine Eignungstestung der Spender durchführt. Sie untersucht die Produktsicherheit des Plasmas, indem infektionsserologische und PCR-Testungen unter anderem auf HIV und verschiedene Hepatitisviren durchgeführt werden. Darüber hinaus erfolgt eine SARS-CoV-2-Antikörpertestung. Denn nur, wenn ausreichend Antikörper im Plasma enthalten sind, ist auch mit einer Wirksamkeit bei Covid-19-Patienten zu rechnen.

Marco Walker blickt der Anwendung derweil hoffnungsvoll entgegen. „Es geht darum, Menschenleben zu retten. Zu diesem Zweck müssen wir alle Behandlungsoptionen nutzen, die uns zur Verfügung stehen“, sagt der studierte Volkswirt. Die Idee, Rekonvaleszentenplasma zu spenden und die Therapieform bei Asklepios einzusetzen, entwickelte Walker gemeinsam mit Prof. Dr. Christoph U. Herborn, Chief Medical Officer (CMO) und ebenfalls Vorstandsmitglied bei Asklepios. „Ich hatte gelesen, dass die Methode in China erste Erfolge erzielt hat und dachte: Warum machen wir das nicht auch bei Asklepios? Christoph Herborn sah dies ganz ähnlich, also haben wir das Projekt in Angriff genommen.“

Marco Walker bei der Blutplasmaspende im Zentralinstitut für Transfusionsmedizin (ZIT)

Im besten Fall führt die Plasmabehandlung dazu, dass Patienten schneller wieder genesen. Das allein wäre ein großer Fortschritt.

Dr. Melanie Braun

Bild: Marco Walker bei der Plasmaspende
Nicht jeder kommt als Spender infrage

Zunächst mussten die rechtlichen Rahmenbedingungen geklärt werden. Denn ohne klinische Testungen und eine offizielle Zulassung ist die Anwendung von Arzneimitteln und Therapieverfahren normalerweise verboten. „Die Hamburger Gesundheitsbehörde hat unserem Antrag auf Herstellung des Rekonvaleszentenplasmas als Arzneimittel auf Grundlage von § 79 Abs. 5 des Arzneimittelgesetzes zum Glück sehr kurzfristig stattgegeben“, berichtet Walker, „dadurch war der Weg für das Therapieverfahren frei.“

Spenden kann seither jeder, der zwischen 18 und 68 Jahren ist (Erstspender dürfen nicht älter als 60 sein), eine bestätigte, mindestens vier Wochen zurückliegende Covid-19-Erkrankung vorweisen kann, ebenso lange symptomfrei ist, keine schwerwiegenden Grund- oder Autoimmunerkrankungen hat und mindestens 50 Kilogramm wiegt. „Eine Ausnahme bilden Frauen, die bereits Kinder bekommen haben“, berichtet Melanie Braun. Grund hierfür ist, dass Frauen infolge einer Schwangerschaft mitunter Antikörper bilden, die sich gegen die weißen Blutkörperchen eines Plasmaempfängers richten und ein akutes Lungenversagen auslösen können. „Um diese transfusionsassoziierte akute Lungeninsuffizienz, kurz TRALI, zu vermeiden, werden Mütter von vornherein von dieser speziellen Spende ausgeschlossen. Vollblutspenden hingegen sind problemlos möglich“, so Braun.

Ich hoffe sehr, dass meine Spende den schwer erkrankten Covid-19-Patienten hilft.

Marco Walker

Bild: Marco Walker bei der Plasmaspende
Kaum Risiken für Plasmaspender

Risiken für die Plasmaspender selbst gibt es derweil kaum. „In seltenen Fällen kann es während der Blutplasmaspende zu einer Herz-Kreislaufschwäche kommen. Doch in der Regel verläuft alles komplikationsfrei“, betont Melanie Braun. Auch Marco Walker übersteht die Prozedur der Plasmaentnahme problemlos. „Ich fühle mich bestens und hoffe sehr, dass meine Spende den schwer erkrankten Covid-19-Patienten hilft“, sagt er und muss nach der Entnahme noch ein paar Minuten auf der Liege verharren, damit sich der Kreislauf stabilisiert.

Walker selbst wird nach Stand der wissenschaftlichen Forschung noch einige Zeit immun gegen das Virus sein und kann sich vorstellen, in Zukunft öfters Plasma zu spenden. „Wenn schon ein kleiner Nadelpikser dabei helfen kann, Menschenleben zu retten, bin ich gerne dabei!“