Eine Puppe, die atmet, spricht und ein Kind zur Welt bringt
Wie das gelingt? Mit Video-Aufnahmen, Vorträgen, Übungen am Modell. Vor allem aber mit lebensgroßen Simulationspuppen: einer schwangeren Frau und ihrem ungeborenen Kind. Die kommen beim Teamtraining zum Einsatz. Täuschend echt simulieren sie jede nur erdenkliche Notsituation, wie z. B. dass das Kind in Steißlage liegt, die Geburt zum Stillstand kommt, die Mutter einen allergischen Schock erleidet. Die Puppen haben Puls und Herzschläge, sie atmen, können Beine und Arme bewegen. Kanülen können angelegt und Medikamente gegeben werden. Die Mutter kann ihr Kind auf natürliche Art oder per Kaiserschnitt zur Welt bringen. Und sie kann sprechen – gesteuert durch Trainerinnen, die aus einem nicht sichtbaren Nebenraum heraus über Funkmikro der werdenden Mutter Stimme und Persönlichkeit verleihen.
Um das Ganze noch realistischer zu gestalten, kommen bei größeren Trainingsgruppen auch Schauspielerinnen als Schwangerendouble zum Einsatz. Hauptsache: So lebensnah wie möglich. Und es funktioniert. „In weniger als einer Minute bricht den Teilnehmenden der Schweiß aus“, berichtet Antje Düvel, die das Trainingskonzept gemeinsam mit dem ärztlichen Leiter des Asklepios Instituts für Notfallmedizin, Dr. Jochen Thiele mit entwickelt hat. Seit vier Jahren tourt das S.A.V.E. Team durch das Land und trainiert die Teams der Geburtshilfe. „Die Simulation ist so realistisch, dass viele tatsächlich fühlen und denken: Wir haben hier einen Notfall!“
Dabei ist es vor allem das Setting, das die Übungssituation so realistisch erscheinen lässt. Die Teamtrainings finden immer inhouse im eigenen Kreißsaal statt, mit echten Kolleginnen und Kollegen, in vertrauter Arbeitsumgebung. Alles, was passieren kann, kann simuliert und also auch geübt werden: die sichere Handhabung der Beatmungsgeräte, der Einsatz von Saugglocke und Zange, der Not-Kaiserschnitt. „Hier wird nicht nur theoretisches Wissen vermittelt, sondern praktische Fertigkeiten angewandt“, sagt Dr. Jochen Thiele. „Hier zählt, ob jemand richtig handelt, richtig kommuniziert, sich nicht aus der Ruhe bringen lässt.“ Im realitätsnahen Training werde deutlich, wo es bei jedem Einzelnen, im Team oder in den Strukturen hakt, etwa im Ablauf der Notfallketten oder der Kommunikationsabläufe. Nur eines sei im Training anders als in der Wirklichkeit. „Bei uns ist niemand wirklich in Gefahr, auch keine Puppe“, erklärt Thiele. „Es gibt immer einen Ausweg. Jede Notsituation endet mit einem Happy End.“