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Bild: Pflanze in Steinmauer
Widerstandskraft. Psyche.

Resilienz

– so kommen Sie krisenfest durchs Leben

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Innere Stärke finden

Hinfallen, aufstehen, Krönchen richten, weitergehen … Manche Menschen sind von Natur aus resilient und verfügen über die besondere Fähigkeit, negative Erlebnisse mehr oder weniger an sich abprallen zu lassen. Doch was, wenn man nicht zu dieser besonderen Spezies dazugehört?

Dr. Marcella Altherr, Chefärztin der Abteilung Psychosomatik an der Asklepios Südpfalzklinik Germersheim, verrät, wie Sie die Widerstandskraft der Seele nachhaltig schulen und welche Übungen besonders effektiv sind.

Verschiedene Faktoren beinflussen Resilienz

Seit den 90er-Jahren geistert der Begriff „Resilienz“ – meist übersetzt mit der Widerstandskraft von Individuen angesichts belastender Lebensereignisse – kontinuierlich durch Gesundheitsratgeber und Lifestyle-Bücher, sodass mitunter der Eindruck entstand, Krisen könnten von jedem problemlos und individuell überwunden werden. Eine Prise Optimismus hier, eine Portion Achtsamkeit dort – schon hat man die Zutaten für die viel zitierte innere Stärke. Doch ganz so einfach ist es leider nicht, weiß Dr. Marcella Altherr (54). „Die Resilienzforschung hat sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich weiterentwickelt“, erzählt die Chefärztin der Abteilung Psychosomatik an der Asklepios Südpfalzklinik Germersheim. „In­zwischen weiß man, dass die seelische Widerstandskraft eines Menschen von mehreren Faktoren abhängt und es keinesfalls so ist, dass jeder die gleichen Voraussetzungen besitzt, um Krisen effektiv zu meistern.“

Zu rund 50 Prozent sei die Fähigkeit, mit Belastungen umzugehen, angeboren. „Weitere 25 Prozent liegen in unserer frühen Kindheit verankert, auf die wir ebenfalls kaum einwirken können“, sagt Altherr. Bleiben maximal 25 Prozent, die sich aktiv beeinflussen lassen, um innere Stärke zu erlangen. „Doch das ist besser als nichts“, so die Expertin.

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Schon gewusst?

Der Begriff „Resilienz“ stammt ursprünglich aus der Werkstoffphysik. Er bezeichnet dort die Eigenschaft elastischer Materialien, nach Anspannung wieder in den Ausgangszustand zurückzukehren. Weiter gefasst, bedeutet Resilienz die Toleranz eines Systems gegenüber Störungen.

Bild: Steine am Strand
Sieben Säulen der Resilienz

Altherr bietet seit einiger Zeit Webinare zum Thema Resilienz an. „Die Resonanz ist groß“, sagt die Chefärztin, „vor allem Frauen haben Interesse an diesem Themenspektrum, möchten wissen, wie sie ihre mentale Widerstandskraft festigen – und das, obwohl sie vom Grundsatz her oftmals resilienter sind als ihre männlichen Geschlechtsgenossen.“ Die Ursachen dafür lägen meist in der Kindheit. „Untersuchungen zufolge sind Mädchen in der Regel stärker als Jungen von sogenannten Schutzfaktoren umgeben, die mit Resilienz assoziiert werden – dazu zählen beispielsweise die soziale Unterstützung oder emotionale Beziehungen zu mindestens einer Bezugsperson.“ Nichtsdestoweniger lasse sich Resilienz in gewissem Maße auch im fortgeschrittenen Alter und geschlechtsunabhängig erwerben und ausbauen.

Doch wie genau funktioniert dies in der Praxis? Gibt es einen „goldenen Weg“, um belastende Stressoren auszublenden und widrige Umstände, traumatische Erfahrungen und Gefährdungen besser zu verkraften? „Wissenschaftler haben in der Vergangenheit sieben Säulen identifiziert, die maßgeblich für eine resiliente Lebensweise sind“, sagt Marcella Altherr. „Ich persönlich bin jedoch der Auffassung, dass es ausreicht, sich auf drei dieser Säulen zu fokussieren.“ Ihre Wahl fällt auf Optimismus, Akzeptanz und Lösungsorientierung. „Diese Elemente bilden zweifelsohne das Herzstück der Theorie“, so die Expertin.

Drei wesentliche Faktoren

Wer seine Widerstandsressourcen stärken möchte, sollte demnach versuchen, stets hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken – auch, wenn die Welt um ihn herum gerade grau und trist aussieht. „Sich Mut zusprechen, dem Negativen auch etwas Positives abgewinnen – das ist ein wesentlicher Faktor für Resilienz“, sagt Altherr und verrät, wie dies in einer Krise praktisch gelingen kann. „Es gibt eine simple Übung, die das Optimismus-Prinzip verständlich macht: Nehmen Sie sich einen Moment und blicken Sie auf Ihr Leben zurück. Betrachten Sie, wie Sie in der Vergangenheit mit Krisen oder besonderen Belastungen umgegangen sind. Sie werden sehen: Sie haben bereits viele schwierige Situationen gemeistert. Es geht immer vorwärts im Leben, vieles wird besser mit der Zeit.“ Diese Botschaft erleichtere es, zuversichtlich in die Zukunft zu blicken. „Je öfter man die Übung praktiziert, desto stärker wächst das Gefühl, Dinge überwinden zu können“, so Altherr.

Ein weiterer Faktor, der Resilienz stärke, sei die Akzeptanz. „Dieser Aspekt ist prinzipiell schwer zu verinnerlichen, denn kulturell sind wir darauf geeicht, Dinge zu verändern.“ Das Gefühl, in einer Belastungssituation nicht handlungsfähig zu sein, sei ungewohnt. „Und es erfordert viel Kraft, dies aushalten zu können“, bemerkt die Expertin. Wer das Gefühl der Machtlosigkeit jedoch zulasse und seinen Frieden damit mache, lege den Grundstein für eine resiliente Lebensweise. „Es geht darum, sich nicht zu zerreiben – auch daraus erwächst eine besondere Form der Stärke.“

Und diese wiederum korrespondiere mit dem dritten, entscheidenden Resilienz-Faktor – der Lösungsorientierung. „In dem, was wir tun, sind wir häufig etwas zögerlich“, erklärt Marcella Altherr. Vielfach gerieten vor allem die Wünsche der Mitmenschen in den Fokus des eigenen Handelns – die eigenen blieben dabei auf der Strecke. „Wichtig ist nun, zu unterscheiden, was man hinnehmen und akzeptieren muss und was man tatsächlich verändern kann, um einer Belastungssituation zu entkommen.“ Habe man schließlich einen klaren Blick auf die Dinge und identifiziert, welche Hebel notwendig sind, sei dies der wesentliche Schritt, seine innere Stärke zu entfalten.

Die 7 Säulen der Resilienz

Die US-Psychologen Karen Reivich und Andrew Shatté identifizierten 2003 verschiedene Resilienzfaktoren, die auch heute noch als maßgeblich betrachtet werden

Urvertrauen

Der feste Glaube, dass Krisen überwunden werden können und man gestärkt aus ihnen hervorgeht, beflügelt resiliente Menschen und gibt ihnen neuen Mut.                                       

Status quo akzeptieren

Manche Situationen lassen sich nicht ändern – so sehr man sich dies auch wünscht. Resiliente Menschen zerfließen nicht in Selbstmitleid. Sie akzeptieren vielmehr den Status quo in dem Wissen, dass dieser auch wieder vorübergeht.                     

Ziele setzen

Resiliente Menschen setzen sich Ziele und behalten diese im Auge. Dadurch können sie schwierige Situationen besser meistern, da sie den Blick nach vorne richten können und ihren Fokus beibehalten.                

Opferrolle verlassen

Statt zu verzweifeln und sich zu grämen, besinnen sich resiliente Menschen auf ihre eigenen Stärken und prüfen, inwiefern diese dabei helfen, eine Krise zu meistern.

Icon: Glühbirne

Verantwortung übernehmen

Selbst das Heft des Handelns in die Hand nehmen und die Kontrolle zurückgewinnen – durch diesen aktiven Vorgang überwinden resiliente Menschen die Krise.                                   

Kontakte pflegen

Resiliente Menschen etablieren ein „Netzwerk der Stärke“: ein stabiles, soziales Umfeld, das sie unterstützt und ihnen dabei hilft, Wege aus einer Krise zu finden.                                       

Gesunder Optimismus

Achtsamkeit und eine positive Grundhaltung zum Leben sorgen dafür, dass resiliente Menschen schwierige Phasen schneller und besser meistern als andere.

Bild: Frau am See
Krisen sind normal

Das bedeutet übrigens nicht, dass man alles mit sich allein ausmachen muss und auf Hilfe verzichten soll. „Ganz im Gegenteil. Resiliente Menschen besitzen oftmals ein breites Netzwerk von Unterstützern. Auch dies zeichnet sie aus“, so Altherr, der eine weitere Botschaft extrem wichtig ist: „Menschen, die nicht besonders resilient sind, dürfen dies keinesfalls als persönliche Schwäche auslegen.“ Es sei keine Schande, sich bei persönlichen Krisen und traumatischen Ereignissen Hilfe zu suchen. „Gerade in solchen Situationen kann man mit Unterstützung von Therapeut:innen an der Widerstandsfähigkeit arbeiten und die Fähigkeit, mit Belas­tungen umzugehen, weiterentwickeln.“

Und sie selbst? Muss auch sie hin und wieder an ihrer Resilienz arbeiten? „Ich würde sagen, dass ich durchaus eine grundlegende Widerstandskraft besitze. Auch, weil ich das Glück habe, in einem Beruf zu arbeiten, in dem ich immer wieder mit diesem Thema konfrontiert werde und automatisch Resilienzübungen absolviere“, sagt Marcella Altherr und lächelt.

Krisen gebe es immer wieder im Leben – davor sei auch sie nicht gefeit. Mitunter kämen sie völlig überraschend. „Manchmal sind sie auch von äußeren Einflüssen geprägt. Bestes Beispiel ist die Corona-Pandemie“, so Altherr. Je länger die Krise um SARS-CoV-2 dauert, desto stärker nehme man die Belastungen in der Bevölkerung wahr, berichtet die Chefärztin. „Umso wichtiger ist es, gezielt an seiner Widerstandsfähigkeit zu arbeiten“, sagt Marcella Altherr, „die allermeisten Menschen besitzen die Fähigkeit dazu. Man kann sie nur ermutigen, ihre Resilienz gezielt zu schulen.“

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