Einige Betroffene hadern auch mit ihrem persönlichen Umfeld: Freunde ziehen sich mitunter zurück, weil sie mit der Situation überfordert sind. Was raten Sie Klienten in solchen Fällen?
Zunächst einmal muss man als Betroffener auch seinen Freunden Raum lassen, damit sie die Diagnose verdauen können. In der Regel haben junge Menschen aus dem Freundeskreis wenig Erfahrung mit solch einer Erkrankung. Sie müssen selbst lernen, damit umzugehen. Abgesehen davon kann es hilfreich sein, seinen Freunden zu sagen: „Frag mich gerne jederzeit, was ich will und was ich brauche!“ Auf diese Weise entsteht ein Dialog, die Mauer des Schweigens wird eingerissen. Unabhängig davon ist es so, dass sich das soziale Umfeld junger Menschen ohnehin ändert – auch bei gesunden Personen. Das Berufsleben tritt in den Fokus, Lebenswege driften auseinander. Das ist nichts Ungewöhnliches. Ich empfehle Klienten deshalb auch, offen für neue Begegnungen zu sein, vielleicht einen Malkurs oder eine Selbsthilfegruppe zu besuchen. Außerdem sollte man nicht darauf pochen, dass eine bestimmte Freundin oder ein bestimmter Freund sämtliche Bedürfnisse abdecken muss. Vielleicht kann der eine besonders gut trösten und der andere wunderbar ablenken. Auch das gilt es zu bedenken.
Raum für neue Begegnungen bietet auch Ihr neues Programm „Junge Menschen nach Krebs“, das im Juli in Hamburg startet. Hier führen Sie Betroffene zusammen, unternehmen unterschiedliche Dinge mit ihnen. Warum ist ein direkter Austausch zwischen Krebspatienten so wichtig?
Sich auszutauschen, hilft dabei, das Erlebte zu verarbeiten. Außerdem möchten wir die Teilnehmer dazu animieren, neue Dinge auszuprobieren und Ängste abzubauen. Wir absolvieren ein Boxtraining, testen Stand-up-Paddling, kochen zusammen… Zudem wird es immer wieder auch Impulsvorträge geben – etwa zum Thema „Rückkehr in den Beruf“ –, sodass man sich im Anschluss daran unterhalten kann und nicht alles mit sich selbst ausmachen muss. Die Erfahrung zeigt, dass dies für junge Patienten sehr wertvoll ist. Denn während ihrer Behandlung sind die in der Regel sehr auf sich allein gestellt, weil andere Patienten, die mit ihnen auf der Station liegen, normalerweise deutlich älter sind als sie selbst. Es ist also gut zu wissen, dass sie als junge Erwachsene nicht allein sind mit der Diagnose Krebs. Auch das trägt dazu bei, Vertrauen in sich und das Leben zurückzugewinnen.