Einer der häufigsten Trauma-Auslöser ist der Notfallkaiserschnitt. „Da muss es ungeheuer schnell gehen“, erklärt Borgert-Nicks. „Es geht um Minuten, kaum jemand hat Zeit, zu erklären, was passiert, warum es passiert, alle sind in Alarm-Stimmung … diese Situation kann in einer Frau Gefühle der absoluten Ohnmacht und Hilflosigkeit auslösen.“ Auch langwierige oder zu schnelle Geburten belasten Frauen, ebenso wie die Geburt eines kranken, zu früh geborenen oder behinderten Kindes.
Aber auch weniger erschütternde Geburtsverläufe hinterlassen Wunden. Bereits der übergroße Wunsch, eine bilderbuchartige Geburt erleben zu müssen, kann – wenn sich der Wunsch nicht erfüllt – tiefe Selbstzweifel auslösen. Eine Entwicklung, die Irmtraut Borgert-Nicks mit Sorge betrachtet: Der Druck auf Schwangere, Gebärende und junge Mütter werde immer stärker. Frauen, die ihr Kind aus welchen Gründen auch immer, nicht natürlich zur Welt bringen konnten, schämen sich, sagen Dinge wie: „Das darf ich aber niemandem erzählen!“ Die natürliche Geburt ist zur Norm einer sich ständig selbst optimierenden Gesellschaft geworden. Wer davon abweicht, muss sich rechtfertigen. Selbst die Inanspruchnahme einer schmerzlindernden PDA kann Scham-Gefühle auslösen. Dabei kann gerade eine Schmerzerleichterung bei Geburtskomplikationen – das Kind liegt falsch im Becken, die Geburtsdauer verlängert sich dadurch, Interventionen werden notwendig – für Mutter und Kind Reserven erschließen und somit oftmals doch eine Spontangeburt ermöglichen.